Montag, 29. Juni 2020:
"Der Jung' muss an die frische Luft"
Ich weiß noch wie ich mich als Schüler gefreut habe, wenn der Unterricht nach draußen verlagert wurde. Das war durchaus etwas Besonderes, denn Lehrer*innen machen das eher ungern: Beim Gang vom Raum auf den Schulhof geht viel Zeit verloren, draußen gibt es meist negative Störgeräusche und eine menge Dinge, die die Schüler*innen vom eigentlichen Lernen ablenken. Außerdem lassen sich viele Lehrer*innen nicht gerne auf die Finger schauen und gerade auf dem Schulhof kann jeder zusehen. Manchmal aber war es so schön draußen und so stickig im Klassenraum, dass sich der/ die Lehrer*in dann doch dazu durchringen konnte, den Unterricht nach draußen zu verlagern.
Gestern habe ich einen Artikel gelesen, der sich genau damit beschäftigt und den Unterricht an der frischen Luft ausdrücklich empfiehlt: Gerade, wenn durch Viren ein erhöhtes Ansteckungsrisiko bestehe, senke Outdoor-Unterricht im Vergleich zu den geschlossenen, oft engen Klassenräumen dieses Risiko deutlich. Das norwegische Kultusministerium hat die Schulen gerade ermuntert, Unterricht vermehrt ins Freie zu verlegen.
Das Anna-Essinger-Gymnasium in Ulm hat schon vor der Krise ein Pilotprojekt mit einer 5. Klasse gestartet, die jeden Donnerstag Unterricht im Wald hat. Auch bei Wind und Wetter gehen die 25 Schüler*innen der 5g zusammen mit zwei Lehrer*innen zum Lernen in den nahegelegenen Wald. Dort angekommen wird die Klasse geteilt und von je einem/r Lehrer*in betreut. So bleibt mehr Zeit auf einzelne Schüler*innen einzugehen; auch der Gang zum Wald wird dazu genutzt. "Unsere Schule hat ein Sportprofil, Bewegung spielt bei uns eine zentrale Rolle", erklärt Schulleiter Deiter Greulich. "Im Wald ist es einfach immer still, die Schüler können dort ganz konzentriert arbeiten.", so einer der Lehrer*innen.
Die in Ulm gesammelten Erfahrungen werden von der Technischen Universität in München verfolgt und für zukünftige didaktische Konzepte auch an anderen Schulen fruchtbar gemacht. Mir hätte das als Schüler damals auch sehr gut gefallen. Der Schulhof 2-3 Mal im Jahr war ja schon ein Highlight, aber jede Woche in den Wald, das wäre wohl mein Lieblingstag in der Woche gewesen! Für die Schüler*innen jedenfalls würde ich mir wünschen, dass dieses Projekt "Schule macht" :-)