Donnerstag, 11. Juni 2020:
Fronleichnam ≠ Happy Kadaver
Heute ist Fronleichnam, eigentlich ein ur-katholischer Feiertag, der aber mittlerweile auch von andere Konfessionen gerne als freier Tag in der Woche genutzt wird. Weil Fronleichnam sich anhört wie eine Zusammensetzung aus den beiden Worten "Froh" und "Leichnam", hat mein Kumpel immer "Happy Kadaver" dazu gesagt. Tatsächlich ist das Wort aber Mittelhochdeutsch ("vrône lîcham") und bedeutet "des Herren Leib", also der Leib Christi, der in der katholischen Messfeier im gewandelten Brot spürbar wird.
Diese Möglichkeit der Wandlung von Brot und Wein zum Leib und Blut Christi kommt übrigens aus der Bibel: "Während des (letzten Abendmahls) nahm (Jesus) das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es (seinen Jüngern) und sagte: Nehmt, das ist mein Leib." (Markus 14,22-26)
Diese sogenannten Einsetzungsworte finden sich übereinstimmend in allen vier Evangelien und auch der Apostel Paulus berichtet in seinem Korintherbrief davon. Mit dieser Zeremonie hat Jesus den Jüngern gezeigt, wie man ihm im gewandelten Brot und Wein leib-haftig begegnen kann, auch wenn er schon längst wieder bei Gott im Himmel ist.
Seit 1264 feiern Katholiken überall auf dieser Welt das Fest Fronleichnam als Erinnerung daran, dass Jesus beim letzten Abendmahl den Menschen gezeigt hat, wie man mit ihm immer noch intensiv und höchst innerlich in Kontakt bleiben kann: Nämlich im gewandelten Brot der Hostie. Wann immer ich von diesem Brot esse oder von diesem Wein trinke, bin ich mit Jesus in besonderer Weise verbunden. Und so kommt es, dass an Fronleichnam in vielen katholischen Gemeinden Prozessionen stattfinden, bei denen feierlich eine dieser gewandelten Hostien durch die Straßen getragen wird.
Und wer jetzt denkt: Wie absurd ist das denn, das Brot ist doch auch nach der "Wandlung" in der Messfeier immer noch Brot! Das stimmt natürlich: Es ist immer noch Brot, aber es hat eine neue Wirklichkeitsform hinzu bekommen: Jetzt ist dieses gewandelte Brot nicht mehr wie jedes andere Brot, dass uns einfach nur als Nahrung dient, sondern es ist eine Art Medium, dass mich mit Gott in Verbindung bringt. Man kann sich das so ähnlich vorstellen, wie wenn ich ein altes Foto meiner Oma anschaue: Für alle ist dieses Foto nichts anderes als ein belichtetes Stück Papier. Aber wenn ich dieses Foto ansehe, dann bin ich in diesem Moment, durch das alte Foto, meiner Oma wieder nahe :-)