Montag, 27. April 2020:
Voneinander lernen

 

Südkorea ist eines der Länder mit der höchsten Bevölkerungsdichte pro km². Allein in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul leben 16.130 Einwohner pro km²; 4-mal mehr als in Berlin. Und trotzdem gibt es gerade einmal rund 40 Neuansteckungen pro Tag in einem Land mit 51,6 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: In Deutschland leben 83 Millionen Menschen und es gibt rund 1800 Neuinfektionen pro Tag. Das entspricht im Verhältnis zur Bevölkerung eine 28-fach höhere Infektionsrate als in Südkorea. Doch wie kann das sein? Weniger Tests können es nicht sein, denn im Unterschied zu Deutschland, werden in Seoul schon zu Beginn der Pandemie großflächige Tests via Auto Drive-In durchgeführt. Ein Interview, dass das Domradio mit der evangelischen Pfarrerin Mi-Hwa Kong aus Seoul geführt hat, klärt auf.

Viele Empfehlungen, wie das Verlassen der Wohnung nur bei absoluter Notwendigkeit, das Abstandhalten oder die Einhaltung strenger Hygieneregeln werden großflächig diszipliniert eingehalten. Gesetzliche Verpflichtungen sind kaum notwendig, man achtet aufeinander: "In Korea ist die Bevölkerung immer auf die Gemeinschaft hin orientiert. Aus Rücksicht macht man viele Dinge. Das Individuum spielt weniger eine Rolle. Das heißt, da gibt es dann auch wieder Gruppendruck, zum Beispiel bei der Maskenpflicht.", so Kong, "Dadurch, dass sie sich freiwillig daran gehalten haben, war es nicht nötig strengere Maßnahmen durchzusetzen. Wir haben hier keine Ausgangssperre, das ist alles freiwillig, dass wir zu Hause sind und die Menschen machen mit."
Dabei ist die Situation für viele Südkorea ähnlich belastend wie für uns: "Es gibt Mütter, die Kinder zu versorgen haben, deren Kinder seit einigen Monaten nicht mehr zur Schule gehen. Das Schuljahr läuft hier ein bisschen anders. Das heißt, dass die Kinder seit Weihnachten nicht mehr in der Schule sind und es ist sehr anstrengend für die Mütter, die Kinder zu beaufsichtigen und jetzt das Onlinelernen zu unterstützen. Dann gibt es wiederum die anderen, die in Isolation leben und mit dieser Situation zurechtkommen müssen."

Die Pandemie trifft alle Menschen gleichermaßen, auch die Schutzvorschriften sind für alle Menschen auf der Welt eine große Bürde. Doch was wir für uns in Deutschland aus der positiven Entwicklung in Südkorea lernen können ist: Wenn alle sich beteiligen, auf einander Acht geben und sich so gut es geht an die Empfehlungen und Regelungen halten (wie Abstand halten, zu Hause bleiben wo es geht, regelmäßig Hände waschen, Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit tragen, etc.), können wir das Virus auch hierzulande relativ schnell in den Griff bekommen. Und mit den Gesichtsmasken ist es wie mit den knöchelfreien Hosen: Wenn man es als einziger macht, ist es irritierend, wenn viele es machen, ist es Mode. Lasst uns also zu Trendsettern werden! :-)

 

Quellenverzeichnis:

Sonntag, 26. April 2020:
Begegnung geht auch ohne Kontakt

Sonntag, der ideale Tag Mal wieder seine Familie zu besuchen und Kontakte mit der Verwandtschaft zu pflegen. Normalerweise jedenfalls...
Ich habe eine Tante im Altenheim, die schon seit Wochen keinen Besuch mehr empfangen darf. Sie und meine Mutter leiden sehr darunter; haben sie sich doch sonst mehrmals in der Woche gesehen. Telefonieren ist mittlerweile auch schwierig geworden, weil meine Tante mit ihrer starken Demenz den Telefongesprächen nicht mehr folgen kann; oft scheitert es schon daran, dass sie den richtigen Knopf am Telefon nicht findet, um das Gespräch überhaupt anzunehmen; von Videotelefonie ganz zu schweigen.
In dieser Situation wären Begegnungen von Angesicht zu Angesicht das einzige Mittel, um das Leid etwas zu lindern. Doch das ist aktuell nicht möglich. Zu groß ist das Risiko, das durch den Publikumsverkehr der Besucher für die Bewohner*innen und Pfleger*innen ausgeht.

Einen kreativen Weg mit dieser fast schon unerträglich Situation umzugehen, fand eine Reinigungsfirma in Belgien, die dem hiesigen Altenheim drei ihrer Hubwagen kostenlos zur Verfügung gestellt hat, damit Menschen direkt am Zimmerfenster ihre Angehörigen besuchen können. Damit sind ein direkter Körperkontakt und die Kontamination des Altenheims ausgeschlossen. Es ist zwar nicht Ideal, aber so hat man zumindest 15 Minuten am Tag die Möglichkeit, seinen Angehörigen wieder von Angesicht zu Angesicht begegnen zu können, ohne sich oder andere in Gefahr zu bringen.

©Tagesschau.de

Ich hoffe, dass wir auch in Deutschland solche und ähnlich kreative Wege finden, damit sich die Menschen in der Isolation nicht so allein gelassen fühlen müssen. Für meine Mutter und meine Tante wäre das sicherlich eine gute Übergangslösung, bis wir wieder zur Normalität zurückkehren können. Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen trotz Kontaktverbot viele Möglichkeiten der Begegnung! :-)

Samstag, 25. April 2020:
Willkommen zu Hause!

 

Unsere Flitterwochen haben meine Frau und ich auf Bali verbracht. Der knapp 13.000km lange Flug nach Bali dauerte mit Wartezeit in Hongkong fast 19 Stunden. Trotzdem würde ich im Nachhinein sagen, dass sich der anstrengende Flug sehr gelohnt hat. Bali ist ein wunderschönes Urlaubsparadies mit sehr gastfreundlichen Menschen. Kurz nachdem wir wieder zurück waren, haben wir uns überlegt bald wieder hinzufliegen, bis knapp 1 Jahr später der hiesige Vulkan auf Bali ausgebrochen ist und der Flugverkehr für mehre Wochen wegen der dichten Aschewolken eingestellt werden musste.
Ähnliches ereignete sich auch dieser Tage: Wegen den zahlreichen Reisebeschränkungen gibt es kaum noch reguläre Linienflüge. Zahlreiche Urlauber, Austauschschüler, Studenten und Gastarbeiter sind von jetzt auf gleich von ihrem Heimatland abgeschnitten worden. Sie müssen nun eine unbestimmte Zeit ausharren, denn nur Flugzeuge sind in der Lage solche Strecken in einer angemessenen Zeit zu überwinden.

Umso erleichtert sind wohl die 240.000 deutschen Staatsbürger gewesen, die in den letzten Wochen via "Luftbrücke" von Sondermaschinen der Lufthansa wieder nach Hause geholt wurden.
Von einer Rückhohlaktionen aus Neuseeland möchte ich heute berichten. Ich beziehe mich dabei auf einen Bericht der Deutschen Welle von Lisa Hänel:
Für Holger Feldberg war es nach 35 Jahren Erfahrung als Lufthansa-Pilot sein erster Direktflug nach Neuseeland; normalerweise bedient die Lufthansa die knapp 18.200km lange Strecke nicht. Dementsprechend konnte er sich auch nicht auf seinen Navigationscomputer verlassen, sondern musste ganz klassisch nach Karte fliegen, wie früher. Als die Boing 747 dann schließlich in Auckland landete war es für ein ein besonderes Erlebnis: "Noch nie ist er diesen Flughafen angeflogen - und noch nie hat er auf so viele deutsche Passagiere gewartet." Eine dieser Passagiere war die 21-jährige Studentin Ricarda. Anfang März reist sie mit einer Freundin nach Neuseeland, um ihre ehemaligen Au-pair-Gasteltern zu besuchen. Doch dann wurden auch dort Reisebeschränkungen ausgerufen und Ricarda bemüht sich um einen Rückflug, bevor es zu spät war. Kurz vor Mitternacht bekommt sie die erlösende Nachricht von der deutschen Botschaft: Sie könne am nächsten Tag mitfliegen; sie solle um kurz vor 5.00 Uhr morgens am Flughafen sein. Es ist der Flug von Holger Feldberg. Schon am Terminal bemerkt Ricarda, dass der Flug besonders sein wird: "Alle waren sehr herzlich. Am Gate war eine Familie, die sehr viel Essen dabei hatte. Das hat sie dann an andere Passagiere verteilt." Auch Feldberg ist am Gate und hilft dem Bodenpersonal bei der Abfertigung. "Es war ein besonderes Gefühl. Das Maß an Glück, an Bord sein zu dürfen, war schon höher als normalerweise", sagt der Pilot. An Bord bemüht sich die Crew, so erzählt es Feldberg, Platz für so viele Passagiere wie möglich zu schaffen. Familien nehmen ihre Kinder auf den Schoß. Die Notsitze, auf denen normalerweise Besatzungsmitglieder sitzen, werden für jüngere Passagiere freigegeben. Nach einer Zwischenlandung in Tokio tauschen einige Gäste ihre Business-Class-Plätze, damit andere Passagiere den zweiten Teil der Reise bequemer sitzen können. Ricarda, seine Passagierin, erinnert sich noch gut an die Durchsagen des Flugkapitäns aus dem Cockpit: "Er hat viel mehr mit uns gesprochen, als das Piloten normalerweise tun. Nach der Landung in Tokio hat er uns gesagt, dass er schon die neue Crew sieht, wie sie näher kommt. Man hatte das Gefühl, alles was die Crew wusste, wussten wir auch." Schließlich landete die Maschine mit seinen 400 Fluggästen an Bord sicher in Frankfurt.
(Zum vollständigen Bericht auf DW.com)

Ich kann gut mit Ricarda und den anderen Flugreisenden mitfühlen. Mich hätte der Gedanke, während meiner Flitterwochen auf Bali für unbestimmte Zeit festzusitzen wahnsinnig gemacht; Urlaubsparadies hin oder her. Dementsprechend kann ich mir die Erleichterung vorstellen, die diese Menschen gehabt haben, als sie die Lufthansamaschine am Terminal gesehen haben und von der Kabinencrew empfangen wurden.
Es sind Erfahrungen wie diese, die zeigen, wie wichtig es ist, ein zu Hause zu haben, zu dem ich immer wieder zurückkehren kann, wenn ich möchte. Letztlich kann ich für mich sagen: Ich bin lieber zu Hause in Quarantäne, als gestrandet in der Fremde. Ich hoffe, dass man zu den Menschen, die immer noch irgendwo gestrandet sind und auf einen Rückflug warten, bald sagen können wird: Willkommen zu Hause! :-)